Kreisgruppe Ahrweiler

Symposium in Remagen zeigt Ansätze für die Zukunft

20. Dezember 2021

Vortrag Olaf Bandt, Foto: Jutta Dietz

„Ökologisch nachsteuern nach der Flut – Erkenntnisse und Impulse für eine nachhaltige
„Modellregion Ahr“ hieß die Veranstaltung des BUND-Landesverbandes Rheinland-Pfalz in der
Rheinhalle in Remagen: Gut 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und weiteren Interessierten folgten den Vorträgen im mit hochkarätigen Referenten besetzten Symposium.


Ausgeprägte Themenvielfalt
Klimaschutzministerin Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz und der BUND-Bundesvorsitzende Olaf Bandt aus Berlin betonten in ihren Grußworten die politischen Impulse und ihre Bereitschaft zur weiteren Unterstützung. Cornelia Weigand, Bürgermeisterin der so sehr betroffenen VG Altenahr, und Dirk Jansen als Geschäftsführer des BUND NRW vermittelten konkrete Einblicke über die jeweilige Situation an Ahr und Erft.
Dr. Philipp Reutter von der Universität Mainz und Dr. Thomas Roggenkamp von der Universität
Bonn beleuchteten die Flutkatastrophe aus meteorologischer und geographisch-historischer
Perspektive. Dem Themenbereich Vorsorge widmeten sich Prof. Dr. Lothar Kirschbauer vom
RheinMoselCampus in Koblenz mit „Möglichkeiten und Grenzen von so genannten
Schwammstädten“ sowie Robert Ueberfeldt aus Boppard von der „Fischer Teamplan“ mit
Ausführungen über „technischen Hochwasserschutz“. Zu „Hochwasserschutz mit ökologischen
Mitteln“ sprach Roland Mauden, Referent bei der zuständigen SGD Nord in Koblenz. Paul
Ngahan von der Energieagentur RLP stellte die vielfach prekäre Situation beim Aufbau von
„ökologischer“ Strom- und Wärme-Infrastruktur vor.
Fulgor Westermann vom Landesamt für Umwelt RLP referierte zu Dokumentationen von
Gewässeruntersuchungen an verschiedenen Bereichen in und entlang der Ahr.


Fazit aus der eintägigen Veranstaltung
Alle Teilnehmer waren sich einig: Grundsätzlich gehören zu einem lebendigen Fluss
jahreszeitliche „Hochwasser“, damit ein Fließgewässer sich ökologisch-dynamisch entwickeln
kann. Die großräumige und seltene Wetterlage von Mitte Juli 2021 ergab gewaltige und sich
kaum bewegende Wolkenbänke sowie dazugehörigen Dauerniederschlägen über nahezu 24
Stunden, die lokal bis zu 200 Liter pro Quadratmeter erreichten. Diese Situation führte dazu,
dass bei einem Einzugsbereich von 900 km2 Abflüsse von weit über 100 Millionen Kubikmeter
zustande kamen – zuletzt nur erreicht bei den historischen Flutkatastrophen von 1804 und
1910, die schon damals dramatische Auswirkungen für Land, Häuser, Material und Menschen
hatten.
Wie viel Natur steckt in der Katastrophe? Wie viel Mensch durch den Klimawandel?
Lässt sich eine solche Wettersituation verhindern? Eindeutiges Nein! Die Wiederholung solcher
Wetterlagen in kürzeren Abständen als bisher im Zuge des Klimawandels – mit höheren
Temperaturen in der Atmosphäre und damit mehr Verdunstung und höherer Luftfeuchtigkeit
und damit potenziell mehr Niederschlägen (in kurzer Zeit) – steht dagegen zu befürchten! Was
bleibt zu tun? Der Einzelne? Mehr offene Flächen im Wohnumfeld zur Versickerung lassen!
Land- und Waldwirtschaft? Klimaangepasst mit dem Boden und dem Relief wirtschaften, die
Wälder mit passenden Baumarten als Schwamm für die Niederschläge wirken lassen! Beide
Wirtschaftsbereiche dürfen zukünftig den Boden weniger verdichten! Die Gesellschaft? Muss
sich insgesamt stark machen für ein dem sich verändernden Klima angepasstes Verhalten: In
Siedlungen muss den Gewässern mehr Raum gegeben werden als bisher! Hochwasser müssen
abgebremst und zeitweise zurückgehalten werden zwischen den unbesiedelten Teilen der
Landschaft – technische Bauten sind keine generelle Lösungsmöglichkeit! Warn- und
Evakuierungskonzepte müssen eingerichtet, funktionieren und eingeübt werden!


Wie sieht die ökologische Zukunft an der Ahr aus?
In großen Teilen – vor allem in Bad Neuenahr-Ahrweiler – ähnelte die Ahr vor der Flut einem
Kanal und hatte wenige, naturnahe Abschnitte, die Überflutungen hätten abmildern können –
die Ahr hat sich diese Flächen wieder erobert! Und vielerorts wird sie wider besseres Wissen
erneut in ein enges Bett gezwängt, begradigt und Uferbereiche werden durch schweres Gerät
verdichtet.3
Uferbegleitende Bäume gehören zu jedem ökologisch gesunden Gewässer, müssen in einer
Kulturlandschaft gepflegt werden und wurden während der Flut teils aus Mangel an Pflege
entwurzelt, mitgerissen und verklausten mit der gewaltigen Menge von Treibgut aus Autos,
Wohnwagen und sonstigem Material die Brücken.
Radikale und nicht legitime Attacken gegen die verbliebenen Restbäume waren vielerorts die
Folge – die bremsende Wirkung bei zukünftigen Hochwassern wird über Jahrzehnte fehlen und
die ökologische Wirkung als absolut notwendige Schattenspender und Nahrungsquelle für die
Lebewesen in der Ahr ebenfalls! Fehlen werden sie allerdings auch den Menschen an der Ahr –
im Landschaftsbild für den Tourismus!
Hoffnung machte der Vortrag von Westermann, der die Idee nährt, dass sich die Ahr langsam
von der Mündung aus wieder mit Kleinstlebewesen und damit auch größeren Lebewesen
besiedeln wird, denn die Ahr hat viele Hochwasser erlebt und diese Erfahrung ist im
genetischen Code von Fauna und Flora verankert.


Videos der Vorträge des Symposiums die genutzten Präsentationen wurden inzwischen auf der
Homepage des BUND Rheinland-Pfalz www.bund-rlp.de veröffentlicht.

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